Das neue Datenschutzrecht – auch für die Pressearbeit relevant?
Am 3. Juli 2009 hat der Bundestag die umstrittene Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) beschlossen. Das neue Datenschutzrecht führt vor allem zu erheblichen Einschränkungen bei der Verwendung von Adress- und Kundendaten im Werbebereich. Aber es stellt auch die gängige Pressearbeit von Agenturen und Unternehmen infrage, bei der Journalisten regelmäßig ungefragt mit Presseinformationen per E-Mail versorgt werden. Mit der Fragestellung, ob und inwieweit sich die Datenschutznovelle auf die alltägliche Arbeitsweise von PR-Leuten auswirkt, hat sich Medienanwalt Jens O. Brelle aus Hamburg beschäftigt.
Inkrafttreten der Änderungen
Die Änderungen treten – mit einer dreijährigen Übergangsfrist für “Altdaten” – am 1. September 2009 in Kraft.
Personenbezogene Daten dürfen künftig grundsätzlich nur noch zu Zwecken der Werbung und des Adresshandels verarbeitet und genutzt werden, wenn die Betroffenen zuvor eingewilligt haben. Das bislang im Werbebereich geltende Opt-out-Prinzip, nach dem Datenverarbeitungen unter gewissen Voraussetzungen zulässig waren, solange die Betroffenen nicht widersprochen haben, wird nunmehr durch ein strengeres Opt-in-Prinzip ersetzt.
Ausnahmen von diesem Opt-in-Prinzip sind in folgenden Fällen vorgesehen, wenn ausschließlich sogenannte Listendaten (Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung, Name, Anschrift und Geburtsjahr) verarbeitet oder genutzt werden und keine schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen:
- Eine Bewerbung eigener Angebote gegenüber Bestandskunden oder mit Listendaten bleibt möglich, die aus allgemein zugänglichen Adress-, Rufnummern-, Branchen- oder vergleichbaren Verzeichnissen erhoben wurden;
- Listendaten dürfen für B2B-Werbung verwendet werden;
- Listendaten dürfen von gemeinnützigen Organisationen für Spendenwerbung verwendet werden;
- Listendaten für Werbezwecke dürfen an Dritte übermittelt werden, wenn in jeder Werbeaussendung des Dritten die Herkunft der Daten, d. h. das Unternehmen, das die Daten erstmals erhoben hat, eindeutig ausgewiesen ist und – ab dem 1. April 2010 – jede Datenübermittlung zur Erteilung entsprechender Auskünfte an die Betroffenen für zwei Jahre gespeichert wird. Dadurch können weiterhin fremde Adressdaten zur Neukundengewinnung benutzt werden;
- Mit Listendaten für fremde Angebote darf geworben werden, wenn der Daten verarbeitende Absender in jeder Werbeaussendung eindeutig erkennbar ist.
Bedeutung für die Pressearbeit
Die Rechtslage für die tägliche Pressearbeit ist jedoch trotzdem nicht eindeutig. Es mangelt an konkreten gerichtlichen Entscheidungen. Grundsätzlich sollten sich jedoch aus den aktuellen Änderungen keine Nachteile für die PR-Branche ergeben.
Der PR-Berater, der sich über einen meist kostenpflichtigen Zugang zu Mediendatenbanken einen E-Mail-Verteiler erstellt, kann dies künftig wohl auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Medienvertreter tun: Denn Pressemitteilungen sind Bindeglied zwischen Informationsanbietern und Informationsverwertern. Der Versand von Pressmitteilungen von PR-Agenturen an Redakteure bzw. Redaktionen stellt somit nur eine Beziehung von Unternehmen zu Unternehmen her, und zwar personenunabhängig. Zumindest vom konkludenten Einverständnis des Empfängers kann man daher im B2B-Bereich ausgehen.
Das Bundesdatenschutzgesetz schützt grundsätzlich nur personenbezogene Daten. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person. Das Bundesdatenschutzgesetz findet hier folglich keine direkte Anwendung.
Die Verschaffung der Daten über Ansprechpartner in den angeschriebenen Redaktionen über Mediendatenbanken ist auch weiterhin zulässig. Hier könnte es nur dann zu Problemen kommen, wenn die Daten nicht aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen erhoben wurden. Grundsätzlich fallen E-Mail-Adressen zwar nicht unter das Listenprinzip, jedoch werden Pressemitteilungen üblicherweise an die geschäftliche E-Mail-Adresse des Redakteurs gesendet.
Die Mediendatenbanken wie mediatlas, Stamm oder Zimpel dürfen auch weiterhin Daten von Journalisten (gegen Entgelt) anbieten und sind grundsätzlich nicht verpflichtet, das Einverständnis von den jeweiligen Verlagen/Redaktionen einzuholen.
Der EuGH Hat mit Urteil vom 16. Dezember 2008 (Az. C-73/07) festgestellt, dass Ausnahmen vom Datenschutz zu journalistischen Zwecken gelten. Als journalistische Tätigkeiten können Tätigkeiten eingestuft werden, wenn diese zum Zweck hätten, Informationen, Meinungen oder Ideen in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Auf das Übertragungsmittel komme es nicht an. Journalistische Tätigkeiten seien nicht Medienunternehmen vorbehalten und könnten sogar mit Gewinnerzielungsabsicht verbunden sein, so der EuGH weiter.
Will der PR-Berater/PR-Referent jedoch auf Nummer sicher gehen, sollte er sich zuvor das Einverständnis der Betroffenen einholen.
Über den Autor
Jens O. Brelle (geboren 1968 in Lübeck) betreibt seit 2000 als Medienanwalt seine eigene Kanzlei für Urheber- und Medienrecht – zunächst in Berlin und seit 2002 in der Hamburger Speicherstadt.
Schwerpunktmäßig betreut seine Kanzlei kreative und gestalterisch tätige Unternehmer im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und berät u.a. bei Fragen der Rechteklärung bis hin zur Verfolgung von Rechtsverletzungen bei Design-, Medien- und Kulturprojekten.